Volkswagen Pilotin Jutta Kleinschmidt: „Das Podium ist verdient“
Jutta Kleinschmidt im Interview.
1999 wurden Sie bei der Rallye Dakar Dritte, 2001 feierten Sie einen Sieg, 2002 Rang zwei. Welches Gefühl verbinden Sie mit Ihrem vierten Podiums-Ergebnis?
„Für mich ist es ein besonderer Podiumsplatz. Denn als wir 2003 erstmals mit Volkswagen die ‚Dakar~ fuhren, wusste ich, dass wir zuerst eine Durststrecke durchstehen müssen, bis das Team und das Fahrzeug auf Stand sind. Mit unserem Podiumsplatz haben wir gezeigt, dass man mit uns rechnen muss.“
Was war Ihr heißester Moment bei der ‚Dakar‘ 2005?
„Bei einer Rallye gibt es an jedem Tag Momente, an denen der Adrenalinspiegel steigt. Der heißeste Moment war sicherlich die 520 Kilometer lange 14. Etappe. Wir waren froh, als wir eine tückische Wasserdurchfahrt gemeistert und danach freie Fahrt hatte. Doch danach machte es puff – und die Lenkung war kaputt. Im ersten Moment dachte ich, wir könnten weiter fahren, denn die Lenkung war nur schwergängig. Doch dann ging nichts mehr. Ich habe fast die Hoffnung auf meinen dritten Rang verloren und auf den Race-Truck gewartet. Als mein Teamkollege Robby Gordon hielt, wusste ich nicht, ob wir die Lenkung tauschen könnten. Wir dachten, das dauert ewig. Dann war ich froh, dass es rechtzeitig geklappt hat. Auch die Etappe nach Tichit war ein Hammertag. Dort mussten wir ganz knapp mit dem Diesel kalkulieren und sind mit nur noch drei Litern im Tank angekommen.“
Wie groß ist der Einfluss Ihrer Copilotin Fabrizia Pons am Erfolg?
„Wir sind ein Team – wie auch die Mechaniker. Ich möchte den Erfolg nicht aufteilen. Teamarbeit kann man nicht auseinander rechnen, alle müssen funktionieren. Ohne Robby Gordon und Dirk von Zitzewitz hätten wir beispielsweise keine Chancen auf den dritten Platz gehabt – das gilt grundsätzlich für jedes Teammitglied.“
Apropos Team – wie hat sich die Mannschaft von Volkswagen entwickelt?
„Das Team hat sich sehr gut weiter entwickelt. Es war viel professioneller als im vergangenen Jahr und wir werden fürs kommende Jahr sicher noch mehr dazu lernen und Einiges verbessern.“
Wie hat die Zusammenarbeit mit Ihren Teamkollegen Bruno Saby, Robby Gordon und Juha Kankkunen funktioniert?
„Es lief mit allen sehr gut. Doch unsere Charaktere sind unterschiedlich. Juha Kankkunen ist einfach cool und lässig. Robby Gordon hatte zu Beginn eine gute Rallye, er hat am Ende seine Aufgabe erfüllt und unseren dritten Platz gerettet. Bruno Saby kenne ich ja schon länger und komme gut mit ihm klar. Alle drei haben super gearbeitet – das war wirklich toll.“
Ist Platz drei ein gerechter Lohn für die harte Arbeit eines ganzen Jahres?
„Ja, ich denke, wir haben diesen Erfolg wirklich verdient. Wir haben eine gute Vorstellung gezeigt und hatten von Anfang an gute Ergebnisse. Erst hat Robby Gordon geführt, dann Bruno Saby. Dann fuhren Fabrizia und ich auf den Podiumsplatz. Das Podium war unser Ziel und dass es geklappt hat, ist einfach toll – für Fabrizia und mich, für das ganze Team und für Volkswagen.“
Ab wann haben Sie an das Podium geglaubt?
„Man beginnt daran zu glauben, wenn man sieht, dass es nicht unrealistisch ist. Der Race-Touareg eignet sich gut für harte Rallyes, wir hatten nur geringfügige Defekte. Mitsubishi ist zwar auf den Sandetappen stärker, aber wir haben an den anderen Tagen gezeigt, dass wir gut bei der Musik sind.“
Seit dem 5. Januar lagen Sie konstant auf Platz drei und mussten zuletzt doch noch um Ihr Podium bangen. Wird die Rallye dadurch subjektiv länger?
„Nein, denn ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich habe einfach nur immer jeden Tag mein Bestes gegeben. Ich weiß, dass die Rallye viele Überraschungen bereit hält, bis zum letzten Kilometer.“
Haben die Sandstürme zermürbend gewirkt?
„Das Wetter war schon blöd. Diese Rallye ist normalerweise landschaftlich sehr schön. Doch der Anblick war uns dieses Mal nicht vergönnt, denn bei diesem trüben Wetter wirkte die Landschaft eher traurig.“
Der TDI-Motor von Volkswagen hat bei der ‚Dakar~ seine Wettbewerbsfähigkeit bewiesen. Wie empfinden Sie das als Physikerin?
„Bisher haben bei der ‚Dakar‘ nur Benziner gewonnen, unser Podiumsplatz markiert das bislang beste Resultat eines Diesel-Motors. Wir haben viele Benziner hinter uns gelassen. Das ist eine tolle Leistung – und sie zeigt, dass die TDI-Technik gut, erfolgreich und extrem zuverlässig ist.“
Bei der ‚Dakar 2005‘ gab es ein starkes Starterfeld, aber auch eine frühe, recht hohe Ausfallquote. War die Rallye in diesem Jahr so hart, oder ist der Wettbewerb unerbittlicher geworden?
„Bei diesem starken Starterfeld ist der Wettbewerb so hart, dass jeder auf der letzten Rille fährt. Es gab zahlreiche Überschläge, jeder geht richtig ans Limit.“
Was wünschen Sie sich für die nächste ‚Dakar‘?
„Für Volkswagen wünsche ich mir, dass wir wieder eine schlagkräftige Mannschaft haben, mit der wir um den Gesamtsieg mitfahren und vielleicht sogar aus eigener Kraft einen Gesamtsieg feiern können. Schön wäre natürlich, wenn ich diejenige wäre, die bis zuletzt vorn ist. Doch sollte ich hinten liegen, werde ich natürlich versuchen, meine Teamkollegen vorne zu unterstützen, schließlich geht es um den Erfolg von Volkswagen. Von Veranstalter-Seite wünsche ich mir eine Route mit mehr Dünen und weniger Kamelgras. Auch wäre es gut, weniger Offroad-Passagen abseits jeglicher Wege zu haben, denn die harten Kanten und Löcher sind sehr gefährlich. Damit würde die Unfallquote sicherlich sinken.“
Was würden Sie an Ihrem Race-Touareg verbessern?
„Der Race-Touareg ist bereits sehr gut. Aber wir können noch Einiges am Fahrwerk verbessern, vor allem auf Kamelgras können wir noch etwas tun. Außerdem wünsche ich mir eine etwas bessere Sicht aus dem Auto und eine noch etwas bessere Motorcharakteristik, speziell bei niedrigen Drehzahlen für das Fahren im Sand.“
Nach 17 Tagen Wüsten-Rallye – was hat Ihnen am meisten gefehlt?
„Ein schönes Bad, ein schönes Bett und staubfrei leben.“
Was war der schönste Moment der Rallye?
„Als wir am Lac Rose in Dakar eintrafen und wussten, dass wir den dritten Platz jetzt wirklich sicher haben.“