Die VW-Techniker hatten ein Problem: Ziel war, im beengten Motorraum des VW Polo einen Motor unterzubringen, der das Fahrzeug in einen Wolf im Schafspelz verwandelt. Wie erfolgreich sie dieses Problem gelöst haben, zeigt der Polo G40, der mit einem bescheidenen 1,3-l-Motor satte 85 kW (115PS) leistete. Der G40 erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h und beschleunigt in weniger als neun Sekunden von 0 auf 100 km/h (alle Motordaten Polo II, Baujahr 1986).
Erzielt wird dieser ernorme Leistungsgewinn durch einen Kompressor, den sogenannten G-Lader. Der G-Lader wurde von dem Franzosen L. Creux erfunden, der bereits 1905 die technische Richtung für die VW-Entwicklung festlegte. Im Gegensatz zu Abgasturboladern bietet der G-Lader ein hohes Drehmoment schon im unteren Drehzahlbereich. Der Motor spricht sofort an, ein „Turboloch“ gibt es nicht. Die hohe Durchzugskraft und Elastizität im unteren Drehzahlbereich wirkt sich natürlich auch günstig auf den Kraftstoff aus, da der Motor nicht ständig hochgedreht werden muss, um Leistung zu bringen.
1,3-l-Einspritzmotor mit G-Lader
Der 1,3-l-Einspritzmotor mit G-Lader ist mit dem mikroprozessorgesteuerten Zünd- und Einspitzsystem „Digifant“ ausgerüstet worden, der auch die Klopfregelung übernahm. Der G-Lader wurde auf der Auslassseite des Motors angeordnet und in das Ansaugluftsystem integriert.
Motordaten (1986) | ohne Katalysator | mit Katalysator |
Kennbuchstabe | PY | P |
Leistung kW (PS) bei 1/min | 85 (115)/5900 | 82 (112)/5900 |
Drehmoment Nm bei 1/min | 150/3600-4000 | 150/3600-4000 |
Hubraum cm/3 | 1272 | 1272 |
Bohrung/Hub mm | 75/72 | 75/72 |
Verdichtung | 8,0 | 8,0 |
Kraftstoff ROZ | 98 (Super) | 95 (Super bleifrei) |
Kraftstoffzumessung | Einspritzung | Einspritzung |
Zündung | Kennfeld | Kennfeld |
So funktioniert der G-Lader im Polo G40
Der G-Lader wird mit zwei Keilriemen direkt von der Kurbelwelle des Motors angetrieben. Die Exzenterwelle des G-Laders treibt über einen Zahnriemen die Nebenwelle an.
Die Lager der Exzenterwelle werden vom Ölkreislauf des Motors geschmiert. Die Nebenwelle läuft in wartungsfreien Wälzlagern
Der G-Lader
Das verlustfreie Fördervolumen beträgt 566 ccm pro Umdrehung der Exzenterwelle. Die Nenndrehzahl im G40 liegt bei 10 350/min. Der maximale Ladedruck beträgt 0,72 bar Überdruck.
Der G-Lader ist ein Spiralkompressor mit G-förmigen Spiralen. In den beiden Kammern des Schneckengehäuses bewegt sich exzentrisch ein Verdränger mit ebenfalls G-förmigen Spiralen. Der Verdränger wird von der Exzenterwelle angetrieben. Seine Bewegung wird von der Nebenwelle gesteuert. Alle Spiralkonturen sind mit Dichtleisten versehen, die auch Führungsaufgaben in axialer Richtung übernehmen. Aufgrund der niedrigen Relativgeschwindigkeit zwischen Verdränger und Gehäuse ist eine hohe Lebensdauer der Dichtleisten gewährleistet.
Betrachtet man zur Vereinfachung der Funktion nur einen Spiralgang und unterteilt die exzentrische Bewegung des Verdrängers in vier Phasen, ergibt sich folgender Ablauf:
- Die innere Kammer ist zum Ansaugkanal hin geöffnet.
- Die innere Kammer schließt sich, die eingeschlossene Luft wird zur Mitte gefördert. Die äußere Kammer öffnet sich zum Ansaugkanal hin.
- Die Luft in der inneren Kammer wird weiter gefördert. Gleichzeitig wird in der äußeren Kammer das Ausschieben der Luft fortgesetzt.
- In der inneren Kammer beginnt das Ausschieben der Luft, in der äußeren Kammer ist das Ausschieben der Luft nahezu beendet.
Ladeluftkühlung
Die vom G-Lader vorkomprimierte und dadurch erhitzte Ladeluft wird über einen Ladeluftkühler in die Brennräume der Zylinder gefördert. Der Ladeluftkühler ist unterhalb des Wasserkühlers angeordnet, damit möglichst viel Fahrtwind die Kühllamellen umströmt.
Die Ladeluft wird durch die mit Kühllamellen versehenen Kühlrohre geleitet, die laufend vom Fahrtwind umströmt und dadurch gekühlt wird. Die Absenkung der Ladelufttemperatur beträgt maximal 57 Grad Celsius.
Verbrennungslufttrakt
Die Bypassklappe lässt die überschüssige Verbrennungsluft im Leerlauf- und Teillastbetrieb nahezu drucklos zur Ansaugseite des G-Laders zurückströmen.
Der G-Lader fördert mehr Verbrennungsluft als der Motor im Leerlauf- und Teillastbetrieb benötigt. Die zuviel geförderte Luft würde sich ohne Bypaßklappe vor der Drosselklappe stauen und der G-Lader müsste gegen den Druck arbeiten. Die dafür benötigte Antriebsleistung müsste vom Motor aufgebracht werden, was einen höheren Kraftstoffverbrauch zur Folge hätte. Dies wird durch die Funktion der Bypaßklappe vermieden.
Im Leerlauf und bis zum Teillastbereich, bei dem das Leistungsangebot des ungeladenen Motors noch ausreicht, ist die Bypaßklappe geöffnet. Erst bei höherem Leistungsbedarf wird die Bypaßklappe zwangsweise von der Drosselklappe über ein Gestänge geschlossen. Dadurch wird der Ladedruck kontinuierlich aufgebaut.
Dieser Artikel wurde erstmals in der Zeitschrift „Polo INTERN“ veröffentlicht. Für die verwendeten Fotos danken wir der Volkswagen AG. Leider sind keine besseren Fotos mehr vorhanden.